Wenn schon in der Schweiz...

...dann wird auch ein Klettersteig mitgenommen.

Zufällig sah ich beim üblichen Restaurantscreening, dass sie hier am Fluss eine " Via Ferrata" in den Fels gehauen haben. Das habe ich noch nie länger als ein paar Meter zur Überbrückung schwieriger Stellen in den Alpen gemacht. Und auf der langen Liste der "Dinge, die du machen willst, wenn du mehr Zeit hast" steht so etwas schon seit Anfang der 80er drauf. Damals habe ich mir sogar ein Klettersteigset gekauft, welches ich inzwischen wohl unbenutzt dem Alpenmuseum vermachen kann.

Da die heutige Radtour auf dem hiesigen, neu angelegten "Voie Vert" (das ist ein Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse) aus wettertechnischen Gründen ausfällt (nach La Rochelle wären wir mit einer Akkuladung sowieso nicht gekommen), nehme ich all meinen Mut zusammen und wecke den dösenden jungen Mann an der Kasse. 250 m klettern, was ist das schon!

Nach einer minimalen Einweisung und 6 m Testklettern wünscht er mir viel Spaß und schlappt wieder zu seinem Häuschen zurück.

Die ersten Meter gehen senkrecht hoch, nichts anderes als eine Leiter. Beim Umsetzen der Sicherungskarabiner schaue ich, wahrscheinlich aus ehemals beruflichen Gründen, 2 Mal hin, ob beide richtig sitzen. Irgendwann schaue ich dann mal runter, und es zieht kurz in der Magengegend. Es gibt dann Quergänge, auch leicht ausgesetzte, und ich schaue einfach nicht mehr nach unten. Beim Fotografieren mit meiner kleinen Unterwasserkamera (nein, nicht wegen des Angstschweißes, sondern weil sie kompakt und griffig ist) verwackele ich dann doch ungewohnterweise einige Aufnahmen. Einhändig fotografieren war aber noch nie meine Stärke!
An 3-4 Stellen muss ich auch wirklich schauen, wie es weitergeht. Unten auf der Straße schauen sie hoch zu mir. Wahrscheinlich nur, weil ich zur Zeit der Einzige bin, der im Seil hängt. Aber solange sie noch nicht ihre Handys zücken, fühle ich mich relativ sicher...

Die Würze sind natürlich die eingefügten Brücken. Die mit den Sprossen ist noch ok, die kurze mit den Brettern wackelt schon ganz schön. Von der, mit dem einen Drahtseil unten und dem einen oben, habe ich schon gar kein Foto mehr gemacht. Ich bin jetzt schon klatschnass geschwitzt. Warum habe ich mir gestern nach dem Duschen nur lauter frische Klamotten gegönnt?
Zum Schluss gibt es noch eine laaaange Bretterbrücke. Ich laufe zwar langsam und gleichmäßig um keine Resonanzkatastrophe auszulösen, doch in der Mitte der Brücke muss ich mich einfach umdrehen, um den hinter mir zusammenzustauchen, dass er nicht so wackelt. Aber da ist niemand...

Ein Selfie habe ich während der Kletterei nicht gemacht, denn mein Grinsen, welches meinen lieben Ex-Kollegen die letzten Arbeitsmonate schon auf den Keks gegangen war, ist mir hier vergangen. 

Nach gut einer Stunde habe ich wieder halbwegs waagrechten Boden unter den Füßen. Das hatte ich mit doch etwas leichter vorgestellt! Aber ich habe es gemacht, und meine Liste wird ein wenig kleiner. Als Belohnung gönne ich mir ein einheimischens Craft-Bier. Selbst das wird hier mit einem Korken verschlossen. Bei uns gibt es 25 € Weine mit Schraubverschluss. Die spinnen, die Franzosen! ;-) Aber mein Grinsen ist wieder zurück...

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